Die FIRE-Bewegung

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  • Beitrag zuletzt geändert am:Dezember 9, 2024

Mit 40 in den Ruhestand – ein Traum oder realistisch?

Viele träumen davon, ihre Goldene Jahre im Alter zu geniessen. Die Anhänger der FIRE-Bewegung möchten jedoch nicht so lange warten – sie streben nach finanzieller Unabhängigkeit und dem Ruhestand im Alter von 40 Jahren.

Auch in der Schweiz findet diese Idee immer mehr Anhänger. Doch wie funktioniert FIRE wirklich und wie realistisch ist es, schon in jungen Jahren das Büro gegen den Strand zu tauschen?

Inhaltsverzeichnis

Was ist FIRE überhaupt?

FIRE steht für „Financial Independence, Retire Early“ – auf Deutsch also finanzielle Unabhängigkeit und Frühpension. Diese Bewegung hat ihren Ursprung in den USA und erlangte vor allem in den 2010er-Jahren Bekanntheit. Für viele Anhänger bedeutet FIRE konkret, mit Anfang 40 die berufliche Karriere hinter sich zu lassen und den Rest des Lebens selbstbestimmt zu gestalten.

Im Kern geht es darum, mit einer radikalen Umstellung der eigenen Finanzen so viel wie möglich zu sparen und zu investieren, um möglichst früh unabhängig von einem Erwerbseinkommen zu sein. Die Idee ist, sich von den Zwängen eines „normalen“ Jobs zu befreien und die Zeit mit Dingen zu füllen, die einem wirklich wichtig sind.

Die Grundprinzipien von FIRE

FIRE ist mehr als nur eine Sparstrategie – es ist ein Lebensstil. Anhänger verfolgen drei zentrale Prinzipien:

  • Ausgaben minimieren: Jede Ausgabe wird hinterfragt, unnötige Ausgaben werden gestrichen – vom teuren Restaurantbesuch bis zum neuesten Smartphone.
  • Einnahmen erhöhen: Neben dem Hauptjob wird das Einkommen durch Nebentätigkeiten oder die Entwicklung von passivem Einkommen gesteigert.
  • Risikobehaftet investieren: Ein hoher Anteil des gesparten Geldes wird in Aktien gesteckt, um vom Zinseszinseffekt zu profitieren und das Vermögen schnell wachsen zu lassen.

FIRE im Alltag: Streng, aber lohnenswert?

Im Alltag bedeutet FIRE, dass nahezu jeder Aspekt des Lebens auf Sparsamkeit getrimmt wird. Oft wird bei den alltäglichen Ausgaben kein Rappen verschwendet. Sei es beim Einkaufen, wo auf Aktionen oder „rettbare“ Lebensmittel gesetzt wird oder bei Freizeitaktivitäten, wo das Fitnessstudio durch kostenlose Outdoor-Aktivitäten ersetzt wird.

Ein typisches Ziel der FIRE-Anhänger ist es, rund 40% bis 50% ihrer monatlichen Einnahmen zu sparen. Diese Ersparnisse werden dann in Aktien und andere Investments gesteckt, um das Vermögen kontinuierlich wachsen zu lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen viele der üblichen Ausgaben eliminiert werden – was auch den Verzicht auf viele gesellschaftliche Normen mit sich bringt.

Viele, die FIRE verfolgen, streben zusätzlich zu ihrem Hauptjob noch eine Nebentätigkeit an oder bauen ein eigenes Business auf. So wird die Grundlage geschaffen, um ein höheres Einkommen zu erzielen, welches schneller das notwendige Kapital für den frühzeitigen Ruhestand ermöglicht.

FIRE in der Schweiz: Realistisch oder Utopie?

Wie realistisch ist es, in der Schweiz mit 40 Jahren in den Ruhestand zu gehen?

Gehen wir davon aus, dass jemand in der Schweiz mit 40 Jahren aufhört zu arbeiten und danach noch 50 Jahre lebt. Dafür braucht diese Person braucht ein Einkommen von CHF 80’000.– im Jahr (rund der Medianlohn in der Schweiz). Diese Zahl ist natürlich sehr individuell und muss zuerst festgelegt werden.

Danach legt man fest, wie viel Kapital nötig ist, um dieses Einkommen zu generieren. Man berechnet dies gemäss FIRE so:

  • Die Lebenshaltungskosten pro Jahr x25.

Hier orientiert man sich an der 4%-Regel. Diese besagt, dass man jährlich 4% seines Portfolios entnehmen kann, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, ohne dass das Portfolio Schaden davonträgt.

Das bedeutet, um jährlich CHF 80’000 zu entnehmen, müsste man bis zum 40. Lebensjahr etwa CHF 2 Millionen gespart haben. Ein ambitioniertes Ziel, gerade in einem teuren Land wie der Schweiz.

Die Herausforderungen auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit

Natürlich gibt es Herausforderungen, die viele FIRE-Anhänger bei der Umsetzung spüren:

  • Der Verzicht auf Konsum und Freizeitvergnügen kann eine grosse psychologische Belastung sein.
  • Auch soziale Aspekte kommen nicht zu kurz – häufig müssen FIRE-Verfechter soziale Events meiden, da sie mit ihren minimalistischen Ausgaben keine Teilnahme an teuren Aktivitäten leisten können.
  • Zudem stellt sich die Frage, was passiert, wenn man mit 40 Jahren in den Ruhestand geht und plötzlich keine berufliche Herausforderung mehr hat. Viele FIRE-Anhänger denken deshalb darüber nach, Teilzeitprojekte oder selbstbestimmte Tätigkeiten aufzunehmen, um nicht nur das Bankkonto zu füllen, sondern auch geistig aktiv zu bleiben.
  • Es ist umstritten, wie realistisch die 4%-Regel in der Praxis wirklich ist.

Ist FIRE wirklich erstrebenswert?

Die FIRE-Bewegung ist zweifelsohne ein aufregendes Konzept, das auch in der Schweiz immer mehr Anhänger findet. Ob FIRE für dich persönlich erstrebenswert ist, hängt von vielen Faktoren ab. Die hohe Disziplin, die für den Erfolg erforderlich ist, und der Verzicht auf ein „normales“ Leben mit den meisten Freiheiten und Annehmlichkeiten können sich als herausfordernd herausstellen. Zudem ist FIRE in der Schweiz durch die hohen Lebenshaltungskosten eine besondere Herausforderung.

Für viele, die die finanzielle Unabhängigkeit erreichen wollen, stellt sich aber auch die Frage, ob sie nach all den Entbehrungen im Alter noch das geniessen können, was sie sich vorgestellt haben.

Manchmal ist es nicht der schnelle Ruhestand, der glücklich macht, sondern ein Lebensstil, der einem erlaubt, auch ohne finanziellen Druck und mit bewussten Entscheidungen mehr Zeit für sich selbst und die eigenen Leidenschaften zu haben.

Fazit: FIRE in der Schweiz

Die Idee, früh in den Ruhestand zu gehen und sich von finanziellen Zwängen zu befreien, hat auch in der Schweiz einiges Potenzial, ist aber mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die hohen Lebenshaltungskosten, die Notwendigkeit, risikobehaftet zu investieren, und die extreme Disziplin, die für FIRE erforderlich ist, machen den Weg dorthin alles andere als einfach. 

Ob FIRE für einen selbst der richtige Weg ist, hängt von den persönlichen Prioritäten und Werten ab. Für einige mag die Aussicht auf ein Leben ohne finanzielle Sorgen und mit mehr Zeit für sich selbst verlockend sein, während andere den Verzicht auf gesellschaftliche und materielle Aspekte als zu belastend empfinden könnten. Letztlich geht es wohl darum, die richtige Balance zwischen Freiheit und Lebensqualität zu finden.