So kannst du nachhaltig Investieren
Nachhaltigkeit ist im Finanzbereich nach wie vor ein herausforderndes Thema. Es gibt noch viel zu tun aber die steigende Nachfrage hat die Banken aufgerüttelt. Es ist jedoch auch nicht so einfach herauszufinden, welche Finanzprodukte wirklich nachhaltig sind und welche einfach nur green washing sind. In diesem Artikel findest du einige Dinge, die du beachten kannst und die dir helfen, dich für ein geeignetes Finanzprodukt zu entscheiden.
Nachhaltigkeit ist ein individuelles Thema
Ein Grund, warum Nachhaltigkeit schwierig für die Finanzbranche ist, ist dass die Definition und vor allem die Prioritäten sehr individuell sind. Was für mich nachhaltig ist, ist für dich vielleicht das Gegenteil. Es gibt viele verschiedene Bereiche der Nachhaltigkeit wie Armutsbekämpfung, Umweltschutz, Bildung, erneuerbare Energie, E-Mobility, Kreislaufwirtschaft, etc. Diese stehen nicht selten in Konflikt miteinander und deshalb müssen die Prioritäten abgewägt werden.
Ein Beispiel dafür ist Armutsbekämpfung vs. Umweltschutz. Diese beiden Ziele können oft nicht gleichzeitig umgesetzt werden. Hier wird gemäss der Weltbank die Armutsbekämpfung höher priorisiert, weil erst wenn die Menschen aus der Armut entkommen, können sie sich um weitere Bedürfnisse kümmern. Es kann also sein, dass ein Kohlekraftwerk in Indonesien gebaut wird, weil die Menschen vor Ort sonst keinen Strom haben und ohne diesen können sie der Armut nicht entkommen.
Nachhaltig in Unternehmen investieren
Zurück zur Wirtschaft: Für Laien ist es oft schwierig abzuschätzen, was in den gelebten Werten eines Unternehmens tatsächlich verankert ist. Die Hochglanzprospekte für Investor:innen fast aller Unternehmen versprechen eine nachhaltige Unternehmenstätigkeit. Diese Berichte sind fast immer von der Marketingabteilung verfasst.
Ein Beispiel aus meiner persönlichen Erfahrung, dass mir gezeigt hat, wie schwierig nachhaltiges Investieren ist, ist der Norwegischer Lachszüchter (Mowi). Während dieses Unternehmen mit Preisen für seine Nachhaltigkeit ausgezeichnet und in Finanzzeitungen gelobt wird, ist für andere die Lachszucht und der Verzehr von Fisch grundsätzlich nicht nachhaltig.
Mowi ist das nachhaltigste Unternehmen seiner Klasse und wenn Lachs gegessen wird, die bestmögliche nachhaltige Form. Gleiches gilt für die Investition: Es ist die nachhaltigste Investition in ein Lachsunternehmen, die möglich ist. Dieser Ansatz wird in der Finanzbranche Best-in-Class-Ansatz genannt.
Die ESG-Kriterien als Guideline für nachhaltiges Investieren
Wenn du Geld investieren möchtest, wirst du relativ bald über die ESG-Kriterien stolpern. Diese sind ein internationaler Standard für nachhaltige Unternehmen und sind 2006 auf Initiative der Vereinten Nationen entstanden. Sie werden meist von Fonds und ETFs genutzt, um die Unternehmen nach den Kriterien zu filtern. Die ESG-Kriterien sind eine freiwillige Selbstverpflichtung für Unternehmen. Die Unternehmen rapportieren über ihre Aktivitäten in den Bereichen:
- Umwelt (Environment), z.B. Klimaschutz, Energie- und Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung
- Soziales (Social), z.B. Arbeitsbedingungen, Demografischer Wandel, Umgang mit lokalen Gemeinschaften
- Unternehmensführung (Government), z.B. Vergütung des Managements, Verhinderung von Korruption, Aufsichtsstrukturen
Verschiedene Finanzanbieter schliessen unter Berücksichtigung der ESG-Kriterien zusätzlich noch Unternehmen aus bestimmten Branchen (z.B. Rüstungsindustrie oder Tabakproduzenten) aus.
Nachhaltig Investieren mit SRI
Nebst den ESG-Kritieren gibt es noch SRI. Die Abkürzung SRI steht für Socially Responsible Investment. Es gibt Unternehmen, die diesen Standards folgen. Die Definition ist nicht immer genau gleich. Was aber feststeht ist, dass bei SRI mit Negativkriterien gearbeitet wird, die Unternehmen ausschliessen, die nachhaltigen Entwicklung entgegenstehen. Wenn nach SRI investiert wird, werden ganze Branchen nach dem Ausschlussprinzip aussortiert.
Dies betrifft unter anderem:
- Rüstungsindustrie
- Tabak und Alkohol
- Glücksspiel
- Atomenergie, Öl- und Kohleproduzenten
Umstrittenes nachhaltiges Investieren mit ESG-Kriterien
Die ESG-Kriterien sind umstritten und gehen nicht allen Investor:innen weit genug. Nestlé erfüllt die ESG-Kriterien beispielsweise und über Tesla wird immer wieder debattiert. Den ESG-Kriterien wird auch nachgesagt, dass sie ein Papiertiger sind und wenig tatsächliche Änderungen zur Folge haben.
Deshalb nutzt radicant beispielsweise ein eigen entwickelts Scoring-System, das sich an den Nachhaltigkeitszielen der UNO orientiert. Damit möchte radicant ausschliessen, dass in Unternehmen investiert wird, die nur zu einem Bruchteil nachhaltig sind.
Eine andere Möglichkeit wäre Impact Investing. Dies geht deutlich weiter: Mit der Investition wird versucht eine konkrete soziale oder ökologische Wirkung mit einer Rendite zu verbinden. In der Schweiz bietet z.B. der Robo-Advisor Inyova unkompliziertes Impact Investing mit kleinen Beträgen an.
Alternativ kannst du dich auf spezifische Bereiche fokussieren, indem du in ETFs oder Fonds für nachhaltige Themen investierst. Einige Branchen sind vom Zweck und der Unternehmensphilosophie her grundsätzlich eher nachhaltig. Achte aber auch hier immer genau auf die im Produkt enthaltenen Unternehmen. Es kann sein, dass trotzdem Unternehmen enthalten sind, die du persönlich nicht nachhaltig findest.
Dein Geld wird im Hintergrund nicht nachhaltig angelegt
Bedenke bei deiner Entscheidung unbedingt auch, dass Banken im Hintergrund dein Geld verwenden. Wenn du es also einfach auf dem Sparkonto lässt, hast du wenig bis keinen Einfluss darauf, für welche Zwecke das Geld verwendet.
Etwas anders ist das bei der digitalen Nachhaltigskeitsbank radicant. Diese ist transparent und sagt, dass sie einen Teil der Gelder in green bonds anlegt.
WWF Schweiz hat die 15 grössten Schweizer Banken unter die Lupe genommen und analysiert, wie es bei deren Umgang mit Kundengeldern um die Nachhaltigkeit steht. Auch da gibt es grosse Unterschiede. Deshalb wäre ein erster möglicher Schritt, sogar noch vor dem nachhaltigen Investieren, dass du eine Hausbank findest, die deinen nachhaltigen Bedürfnissen entspricht.
Obwohl nachhaltiges Investieren also eine Herausforderung ist und etwas mehr Aufwand bedeutet, solltest du dich davon nicht abhalten lassen!
Mehr Informationen zum Thema Nachhaltigkeit und Investieren gibt es in der Money Matters Podcastfolge mit Regula Hess, Senior Advisor Sustainable Finance bei WWF Schweiz: 010 – Investieren und Nachhaltigkeit – ein Widerspruch?
Lohnt sich nachhaltiges Investieren?
In den letzten Jahren haben nachhaltige Anlagen deutlich besser rentiert als konservative Investitionen. Zudem haben Studien gezeigt, dass Unternehmen die ihr Umweltmanagement im Griff haben und dies gut dokumentieren können, auch in anderen Bereichen besser aufgestellt sind und ihr Geschäft unter Kontrolle haben. Ein Blick auf die Vergangenheit ist jedoch keine Garantie für die Zukunft!
Bei einer Investition kannst du dich auch immer fragen, ob das Unternehmen die Welt auf eine Art und Weise verbessert. Tut es dies, wird es langfristig gute Chancen haben, profitabel zu wirtschaften, weil eine Nachfrage entsteht. Langfristig zahlt es sich für Unternehmen aus, wenn sie verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert handeln.
Green washing beim nachhaltigen Investieren erkennen
Leider ist es gar nicht so einfach herauszufinden, ob ein Produkt nun tatsächlich nachhaltig ist oder nicht. Was für viele Dinge in unserem Alltag stimmt, gilt auch für Finanzprodukte. Seitdem die Finanzdienstleister erkannt haben, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Investitionen steigt, kommen immer mehr Produkte auf den Markt, die nicht wirklich nachhaltig sind und meistens einfach eine höhere Gebühr haben.
Hier sind einige Fragen, die dir bei der Auswahl eines nachhaltigen Finanzprodukts helfen können:
- Schaue dir die Unternehmen genau an und frage dich, ob sie deinen persönlichen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.
- Lasse dich nicht nur vom Hochglanzprospekt leiten, sondern stelle auch gezielte Fragen.
- Frage dich, was das Unternehmen Gutes für die Zukunft tut.
- Informiere dich auf der Website des Unternehmens (meist unter Corporate Governance oder Investor Relations). Dort findest du viele Informationen für Investor:innen.
- Hinterfrage die Versprechungen des Finanzproduktes, das du anschaust. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Dann ist es wahrscheinlich kein seriöses Finanzangebot.
- Hinterfrage die Gebühren des Finanzproduktes. Kostet es mehr als andere Produkte? Ist tatsächlich ein Extraaufwand da, der diesen Aufpreis rechtfertigt?
Mehr Informationen zu nachhaltigen Investitionen findest du auch hier:
WWF :
Plattformen zum Vergleich von Fonds:
Sonstige Informationen/Hilfestellungen für nachhaltige Anlegerinnen:
Hallo zusammen,
nachhaltiges investieren ist durchaus ein interessantes, aber auch kontrovers diskutiertes Thema.
In meinen Augen hat die Ausrichtung des persönlichen Lebens auf einen nachhaltigen Lebensstil die weitaus größeren Auswirkungen auf Umwelt und Natur.
LG
Flick-Flack
Hey! Ich kann deinen Gedankengang super nachvollziehen. Grundsätzlich hast du mMn auch vollkommen recht, dass ein nachhaltiger(er) Umgang mit der Umwelt und ein Umdenken des eigenen Lebensstils mehr Impact haben, als nachhaltige Investments.
Dass Du und deine Peers es schaffen (oder eher Wert darauf legen), den eigenen Lebensstil nachhaltig zu ändern, ist super lobenswert. Die Möglichkeit nachhaltig zu Investieren ist aber ja kein Ersatz zu nachhaltigem Lebensstil, sondern eine Ergänzung, mit der Du eben neben deinem eigenen Impact auch monetäre Ressourcen für größere Unternehmungen ermöglichst oder vielleicht sogar Leute zum investieren bewegst, die eben aus welchem Grund auch immer, sonst keinen nachhaltigen Lebensstil haben.
Daher empfinde ich nachhaltiges Investieren als wertvollen Zusatz zu einem Umdenken der eigenen Lebensweise.