Was du über die AHV wissen musst
Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist ein wichtiger Bestandteil des schweizerischen Sozialversicherungssystems. Sie wird zurzeit heftig diskutiert und ist für viele Schweizerinnen und Schweizer ein emotionales Thema. In diesem Beitrag liest du alles, was du über die AHV wissen musst, damit du die Diskussionen verstehen kannst.
Inhaltsverzeichnis
Das ist die AHV
Die AHV ist die erste Säule des Sozialversicherungssystems der Schweiz. Ihr Hauptziel ist die Existenzsicherung im Alter und im Todesfall. Die AHV wird nach dem Umlageverfahren finanziert, d.h. die Beiträge der Erwerbstätigen werden an die jetzigen Rentnerinnen und Rentner ausbezahlt.
So finanziert sich die AHV
Die erwerbstätige Bevölkerung in der Schweiz trägt mit ihren monatlichen Lohnbeiträgen massgeblich zur Finanzierung der AHV bei. Hinzu kommen Beiträge des Bundes und über die Mehrwertsteuer. Dieser Umverteilungsmechanismus führt dazu, dass 90% der Bevölkerung mehr Leistungen erhalten, als sie einbezahlt haben.
So profitierst du später mal davon
Die AHV bietet drei Hauptleistungen für deine Altersvorsorge:
- Altersrente
- Hinterlassenenleistungen
- Hilflosenentschädigung
Die Hinterlassenenleistungen sind finanzielle Unterstützungen, die an die Familien oder Angehörigen einer verstorbenen Person gezahlt werden. Diese Zahlungen gelten dafür, diesen Personen eine Unterstützung in der Phase des Trauerns und der Anpassung an den Verlust zu bieten.
Hilflosenentschädigungen stehen Personen zu, die aufgrund von körperlichen oder geistigen Einschränkungen dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind, um ihren täglichen Lebensunterhalt zu bewältigen.
So viel bekommst du von der AHV
Wie viel du später genau von der AHV erwarten kannst, hängt vor allem vom Referenzalter (aktuell 65 Jahre) ab und davon, wie lange du Beiträge bezahlt hast.
In der AHV gibt es eine Minimal- und eine Maximalrente. Die Minimalrente beträgt derzeit CHF 1255 im Monat für Einzelpersonen. Die Maximalrente beträgt CHF 2450 pro Person bzw. CHF 3675 pro Ehepaar. Ehepaare sind von der sogenannten Plafonierung betroffen und bekommen zusammen nur 150% AHV ausbezahlt.
Die Minimalrente wird derzeit nur von etwa 4% der Schweizer Bevölkerung bezogen. Die Maximalrente hingegen beziehen 43% der Bevölkerung und viele sind nahe an der Maximalrente. Um sie zu erhalten, muss man 44 Beitragsjahre vorweisen können, d.h. ohne Fehljahre. Zudem muss ein Durchschnittseinkommen erreicht werden, das derzeit bei CHF 88’200 liegt.
So berechnen sich die AHV Beiträge
Der aktuelle Beitragssatz zur AHV beträgt derzeit 8,7% für Arbeitnehmende, wobei der Arbeitgeber die Hälfte übernimmt. Anders sieht es bei den Selbständigerwerbenden aus, die den gesamten Beitrag selber bezahlen müssen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Jahreseinkommen unter CHF 58’800 liegt. In diesem Fall spricht man von der sinkenden Beitragsskala, die je nach Einkommen zwischen 5,371% und 10% liegt.
Das passiert bei Vorsorgelücken in der AHV
Grundsätzlich ist jede Schweizerin und jeder Schweizer ab dem 1. Januar nach dem 20. Geburtstag bis zum Erreichen des Referenzalters AHV-pflichtig. Trotzdem können im Laufe des Lebens Vorsorgelücken entstehen, die dann als Beitragsjahre fehlen. Diese Lücken gilt es zu minimieren, damit später keine finanziellen Einbussen entstehen.
Es gibt verschiedene Lebenssituationen, in denen keine Beiträge bezahlt werden und somit Vorsorgelücken entstehen. Dazu gehören
- Studium
- Weiterbildung
- Auslandsaufenthalte
- Zuzüger, die aus dem Ausland in die Schweiz ziehen
- Babypausen bei unverheirateten Frauen
Das kannst du bei Vorsorgelücken tun
Ich empfehle dir, regelmässig Auszüge bei der AHV anzufordern, um die Beitragsentwicklung im Auge zu behalten. Idealerweise alle 5 Jahre, da Lücken nur 5 Jahre rückwirkend geschlossen werden können. So kannst du rechtzeitig sehen, ob die Beiträge eventuell falsch berechnet wurden oder ob du Vorsorgelücken hast. Du kannst dann prüfen, ob du diese mit einer Nachzahlung schliessen kannst. Du kannst den sogenannten IK-Auszug bei deiner Ausgleichskasse anfordern.
Auf der Website der AHV findest du zudem einen Online-Rechner, mit dem du deine voraussichtlichen Rentenansprüche berechnen kannst. Wenn du genauer Informationen möchtest, kannst du auch eine persönliche Rentenprognose bestellen.
Frauen in der Babypause – was passiert mit der AHV?
Frauen in der Babypause müssen keine Beiträge an die AHV entrichten, wenn sie verheiratet sind und der Ehemann mehr als das Doppelte des Mindestlohns verdient. In diesem Fall ist die Frau über den Ehepartner versichert. Hier besteht eine Solidarität, bei der die Frau für die Kinderbetreuung zuständig ist, deshalb nicht oder nur reduziert arbeiten kann und dann den Ausgleich durch den Ehepartner erhält.
Wichtig ist hier, dass Frauen, die im Konkubinat leben aktiv werden und sich selbst um die allfälligen AHV-Lücken kümmern.
Weitere Sonderfälle: Erziehungsgutschriften und Teilzeitarbeit
Eltern von Kindern unter 16 Jahren erhalten Erziehungsgutschriften, die sich positiv auf die Rentenberechnung auswirken. Sind die Eltern verheiratet, wird die Erziehungsgutschrift hälftig aufgeteilt, so dass jeder die Hälfte erhält und in die eigene Rentenberechnung einfliesst. Und zwar unabhängig davon, wer für die Kinderbetreuung zuständig ist.
Ein weiterer Sonderfall, der sich auf die Rentenhöhe auswirken kann, ist Teilzeitarbeit. Das Einkommen ist hier natürlich geringer und damit auch die Beiträge, die gezahlt werden. Dies hat dann wiederum Einfluss darauf, dass später nicht die Höchstrente erreicht wird.
Gender Pension Gap – auch bei der AHV?
Vielleicht hast du schon davon gehört, dass Frauen über 30% weniger Rente bekommen als Männer. Das gilt aber nicht für die AHV! Denn hier wird kein Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht. Es ist sogar so, dass die Rente der Frauen rund 3,7% höher ist als die der Männer!
Dieser Vorteil gegenüber den Frauen ergibt sich zum einen aus der Solidarität unter Eheleuten, zum anderen aber auch daraus, dass es einen grösseren Anteil an verwitweten Frauen gibt, die eine höhere Rente beziehen.
In der Schweiz werden verwitwete Männer sogar benachteiligt, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits gerügt hat. Denn Männer, egal ob verheiratet oder geschieden, erhalten nur so lange eine Witwenrente, wie sie Kinder unter 18 Jahren haben. Hat der Mann keine Kinder oder sind diese bereits volljährig, bekommt er keine Witwenrente.
Bei Frauen hingegen spielt es keine Rolle, ob sie Kinder haben oder wie alt diese sind. Frauen haben immer einen Anspruch, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Sogar geschiedene Frauen erhalten unter bestimmten Umständen eine Witwenrente.
Erst Ehe, dann Scheidung. Was passiert mit der AHV?
Bei einer Scheidung erfolgt ein Splitting, bei dem die Hälfte der Frau und die andere Hälfte dem Mann zusteht. Es wird zusammengerechnet und für die Berechnung wird der Zeitraum vom Jahr der Eheschliessung bis zum Jahr der Scheidung herangezogen.
Auch hier muss die Frau in der Regel noch einmal genau prüfen, ob sie auf den vollen Beitragsanspruch kommt. Denn z.B. durch die Betreuung der Kinder hat sie zwar während der Ehe noch einen Ausgleich durch den Mann, der dann aber durch die Scheidung wegfällt. Sie muss also anschliessend selbst dafür sorgen, dass sie noch genug Beiträge zahlt.
Rentenalter – ab wann hast du Ansprüche auf die AHV
Derzeit liegt das Referenzalter in der Schweiz für Männer und Frauen bei 65 Jahren. Es gibt noch einige Jahre des Übergangs, weil das Rentenalter für Frauen von 64 auf 65 Jahre erhöht wurde.
Gleichzeitig wurde das Rentenalter flexibilisiert, weshalb man nun vom Referenzalter spricht. Man kann früher (mit Rentenkürzungen), später oder schrittweise in Pension gehen.
Fazit zur AHV
Die AHV ist ein komplexes, aber wichtiges Thema! Denn mit der AHV können wir dafür sorgen, dass wir im Alter abgesichert sind. Es ist absolut wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und für sich selbst zu schauen, wie man das Beste für sich herausholen kann.
Dazu gehört, Beitragslücken zu schliessen, die Vor- und Nachteile einer Heirat zu prüfen und auch genau festzulegen, wann du in Rente gehst. Denn all das wirkt sich auf die Leistung aus, die du später bekommst.
Ich würde dir empfehlen, bereits mit 50 Jahren eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen und das Thema anzugehen, damit du bei der Pensionierung gut versorgt bist. So können auch offene Punkte, Fehlberechnungen oder Nachzahlungen rechtzeitig geklärt werden, die bei Rentenbeginn vielleicht nicht mehr so einfach zu lösen sind.
Vielleicht ist deine Rente nichts, woran du jetzt schon denkst. Aber es ist wichtig, sie rechtzeitig anzugehen, damit du im Alter gut aufgestellt und abgesichert bist!