Warum Frauen oft mehr für Finanzberatung bezahlen – und was du dagegen tun kannst
Guter Rat ist teuer, sagt man. In finanziellen Angelegenheiten kostet schlechter Rat jedoch oft noch mehr. Dabei musst du dafür nicht einmal riskante Zertifikate, Kryptowährungen oder dubiose Optionen kaufen. Oft reicht es schon, sich einen Fonds empfehlen zu lassen – und schon zahlst du unnötig hohe Gebühren. Doch das betrifft nicht die ganze Kundschaft gleichermassen, wie eine deutsche Studie zeigt. Vor allem Frauen werden schlechter beraten, zahlen höhere Gebühren und bekommen seltener Rabatte. Doch warum ist das so bei einer Finanzberatung?
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Der Interessenkonflikt in der Finanzberatung
Wenn Geld im Spiel ist, sind die meisten Berater eher Verkäufer als Ratgeber. Das gilt für Autos genauso wie für Versicherungen und Anlageprodukte. Die Angestellten arbeiten oft auf Provisionsbasis, was zu einem Interessenkonflikt führt: Ich als Kundin möchte sparen, die andere Partei will verdienen. Je höher die Gebühren, desto mehr verdient die Bank/Versicherung und der Berater profitiert entweder durch Prämien oder bessere Karrierechancen.
Frauen werden häufiger benachteiligt
Ein Forscherteam des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim fand heraus, dass Finanzberater:innen gegenüber Frauen im Schnitt berechnender handeln. Die Studie „Gender Differences in Financial Advice“ zeigt: Männern werden eher Rabatte angeboten, während Frauen häufiger teurere Fonds verkauft werden.
Dank des Wertpapierhandelsgesetzes mussten Finanzberater:innen ihre Gespräche protokollieren. So konnten die Forscher fast 27’000 reale Beratungen zwischen 2010 und 2017 analysieren. Ergänzend führten sie Umfragen und Experimente mit über 800 Finanzberatern durch. Ihr Fokus lag auf den Kosten der angebotenen Fonds, wie den Ausgabeaufschlägen und laufenden Gebühren.
Die Studie ergab: Frauen haben eine 3,9 bis 8,8% höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich hohe Managementkosten zu zahlen. Zudem erhalten sie seltener Rabatte auf Ausgabeaufschläge und zwar deutlich: 5,7 bis 6,6% seltener als Männer. Das bedeutet konkret: Frauen bezahlen über die Jahre Tausende Franken mehr. Selbst der Familienstand spielt eine Rolle: Alleinstehende Frauen zahlen im Schnitt sogar noch mehr als verheiratete.
Warum sind Frauen benachteiligt?
Finanzberater:innen halten Frauen oft für leichtere Opfer, da sie ihnen weniger Finanzwissen und Preissensibilität zutrauen. In Experimenten schätzten sie die Kompetenz von Frauen signifikant niedriger ein als die von Männern.
Es zeigte sich jedoch, dass sich diese Vorurteile auflösen, sobald Berater mehr über die tatsächlichen Kompetenzen der Kundinnen erfuhren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich Frauen oft nicht trauen, Fragen zu stellen, weil sie Angst haben, sich zu blamieren. Dabei wären es genau diese Fragen, die wichtig wären, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Nicht selten gehen sie dann mit einem Produktangebot aus dem Gespräch, das sie nicht richtig verstanden haben.
Kundinnen trauen sich selbst weniger zu
Diese Einschätzung teilt auch die Studienautorin Tabea Bucher-Koenen. Sie erklärt, dass Frauen oft ihr eigenes Finanzwissen unterschätzen und seltener ohne Hilfe Geld anlegen wollen. Dadurch geben sie die Verantwortung ab und vertrauen auf das Wissen der Berater:innen.
Doch Frauen sind nicht nur Opfer. Die Studie zeigt auch, dass Männer häufiger aktiv nach Rabatten fragen, während Frauen dies seltener tun. Mit mehr Selbstbewusstsein und Finanzwissen könnten Frauen also selbstbewusster verhandeln und bessere Konditionen erzielen.
Verantwortung und Selbstbewusstsein
Die Studienautorin sagt weiter, dass es viel mit dem eigenen Selbstbewusstsein, aber auch mit dem Finanzwissen zu tun habe, mit welchem Produkt man das Beratungsgespräch verlässt. Vielen Menschen (Männern und Frauen) fehle es an einem Verständnis dafür, wie relevant die Kosten bei der Geldanlage sind. Kritisches Nachfragen könnte in vielen Fällen schon einen relevanten Unterschied machen.
Die Beratung verteufelt die Studie aber nicht grundsätzlich. Erstens, weil man nicht wisse, wie sich die Leute ohne Beratung entschieden hätten. Und zweitens, weil die Alternative womöglich Nichtstun gewesen wäre. Die Studie lässt den Schluss zu, dass sich viele Frauen ohne Beratung überhaupt nicht an die Geldanlage herangetraut hätten. Es gibt also gute Gründe für eine Finanzberatung – aber es braucht auch die Kompetenz, Empfehlungen einzuordnen und kritisch zu hinterfragen.
Was kannst du tun?
- Lies dir meinen Beitrag durch: Den richtigen Finanzberater finden
- Eigne dir Finanzwissen an, damit du im Gespräch die richtigen Fragen stellen kannst
- Überlege dir vor dem Gespräch, was dein Ziel ist
- Bedenke auch, dass andere Studien belegen, dass Frauen die besseren Investorinnen sind, wenn sie sich mal entschieden haben, damit anzufangen
- Gib dir Zeit, eine Entscheidung zu treffen, du musst nicht an Ort und Stelle zusagen
- Frage nach einem Rabatt, Sonderkonditionen oder anderen Optionen, die für dich günstiger sind (z.B. nach einem ETF, wenn dir ein Fonds angeboten wird)
Fazit: Werden Frauen bei der Finanzberatung über den Tisch gezogen?
Frauen zahlen oft mehr für Fonds, weil ihnen in der Finanzberatung schlechtere Produkte verkauft werden. Auch wenn die Studie Zahlen aus Deutschland zeigt, wird es in der Schweiz wohl ähnlich sein. Es muss aber nicht so bleiben! Dafür braucht es vor allem Eigeninitiative: Mehr Finanzwissen und Selbstbewusstsein können helfen, die Ungleichheit zu verringern. Es gilt kritisch nachzufragen, beharrlich zu bleiben und eigenständige Entscheidungen zu treffen.
Die vollständige Studie findest du hier.